Die Gründerjahre
„Nach längerer Debatte wurde mit neun gegen sieben Stimmen beschlossen, zum 1. April 1900 eine höhere Knabenschule und zwar mit 3 Vorschulklassen und Sexta sowie Quinta auf Gemeindekosten zu errichten. Die durch das zur Erhebung kommende Schulgeld nicht gedeckten Ausgaben werden durch Erhöhung der Umsatzsteuer aufgebracht. Mit 11 Stimmen wurde beschlossen, kein Realgymnasium sondern ein Progymnasium, wie angegeben bis inclusive Quinta zu errichten.“
(aus dem Protokoll der Gemeindevertretersitzung von Friedrichshagen, vom 29. August 1899)
Die letzte Unklarheit, die noch bezüglich der Schulgattung bestand, beseitigte der Ortsvorsteher durch eine Rücksprache mit dem zuständigen Justitiar im Provinzial – Schulkollegium. Auf die sicherlich gut gemeinte, aber recht anfechtbare Angabe Kluts hin, dass in Friedrichshagen besonders das höhere Beamtentum vertreten sei, riet der Herr Justitiar zu einer humanistischen Anstalt. Man entschied sich gemäß diesem Ratschlage für eine solche. Die neue Schule wurde durch den Ministerialerlass vom 21. Februar 1900 als ein „in der Entwicklung begriffenes Progymnasium“ anerkannt und ihre Eröffnung mit den drei Vorschulklassen, der Sexta, und der Quinta zu Ostern 1900 genehmigt.
Schwierig war die Frage der Unterbringung der jungen Anstalt zu lösen. Ein für die Gemeindemädchenschule bestimmtes, großes Schulhaus war im Bau begriffen. Die Fertigstellung war aber erst zu Michaelis 1900 zu erwarten. Bis dahin musste also die Gemeindeschule in ihrem alten Heim, dem Schulhause an der Kirche, das später mehrfach seine Bestimmung gewechselt hat, verbleiben. Andere Schulräume der Gemeinde konnten nicht frei gemacht werden. Es blieb daher nichts weiter übrig, als das Progymnasium zunächst in dem Seitenflügel des Grundstücks Scharnweberstraße 38 unterzubringen, den bisher die Müllersche Privatschule innegehabt hatte. Er hatte im Erdgeschoß und 1. Stock je eine aus zwei zweifenstrigen Zimmern, einer Küche und einer schmalen Kammer bestehende Wohnung. Das Haus konnte also nur vier Klassen, die Quinta, Sexta und die beiden obersten Vorschulklassen, aufnehmen und die fünfte, die 3. Vorschulklasse, wurde in einen Klassenraum der in der Scharnweberstraße schräg gegenüberliegenden höheren Mädchenschule verlegt, den Herr Direktor Franke in entgegenkommender Weise zur Verfügung stellte.
Am letzten Schultage vor den Osterferien 1900 fand sich das Kollegium im neuen Rathause zusammen, um mit den für die Schule angemeldeten Schülern die Aufnahmeprüfung vorzunehmen. Dann folgte die kurze Ruhepause der Ferien, und nun konnte das Werk beginnen.
Der 19. April war der erste Tag des neuen Schuljahres, ein klarer, sonniger Frühlingstag. 10 Quintaner, 24 Sextaner und 52 Vorschüler, zusammen also 86 Zöglinge, waren von ihren Eltern der jungen Anstalt anvertraut worden und fanden sich auf dem Schulhof ein. Mit frohem Mut ging es an die Arbeit, unbekümmert um die Dürftigkeit der äußeren Verhältnisse. Diese ließen allerdings sehr zu wünschen übrig. Die vier Unterrichtsräume gingen noch an, wenn es auch unangenehm war, dass die Klasse der Quinta nur durch eine andere Klasse hindurch zu erreichen war, die Quintaner während der Unterrichtsstunden also gewissermaßen gefangen saßen. Schlimm sah es aber mit den übrigen Räumlichkeiten aus. Die Küche im Obergeschoss wurde das Amtszimmer des Leiters, die darunter liegende Küche das Lehrerzimmer. Auf einem Herd thronte der Schulglobus. Die beiden Kammern nahmen die Schülergarderobe auf. Ein Lehrmittelzimmer fehlte, war auch nicht nötig, denn die Schule besaß an Lehrmitteln außer dem Globus nur zwei Wandkarten, und diese fanden bequem noch in der Lehrerküche Platz. Die Schulbänke ältester Art waren von der Privatschule übernommen worden. Einige dazu gekaufte Büromöbel vervollständigten die Ausstattung der Räume.
Zu Michaelis 1900 bezog die Gemeindemädchenschule ihr neues Heim in der Wilhelmstraße. Das dadurch frei gewordene alte Schulhaus wurde dem Progymnasium überlassen und gewährte diesem viereinviertel Jahre lang Unterkunft. Selbstverständlich bildete es auch nur einen Notbehelf, aber es bedeutete nach einem geringfügigen Umbau dem verlassenen Mietshause gegenüber einen erheblichen Fortschritt. Es hatte in jedem seiner beiden Geschosse 4 große Schulräume, ein mittleres und ein kleines Zimmer.
Zu Beginn des 2. Schuljahres, also Ostern 1901, wurde die Quarta eröffnet. Sie zählte 13 Schüler. Die Quinta hatten 26, die Sexta 30, die erste Vorschulklasse gleichfalls 30, die 2. Vorschulklasse 19 und die 3. Vorschulklasse 24 Knaben. Die Gesamtschülerzahl betrug also 143. So kam der Beginn des 3. Schuljahres heran. Von den 11 Quartanern des zweiten Schuljahres rückten 10 in die neue Untertertia auf. In der Quarta betrug die Schülerzahl 22, in der Quinta 27, in der Sexta 38, in der Vorschule 64. Die ganze Anstalt zählte mithin zu Ostern 1902 161 Schüler. Ostern 1903 wurde die Obertertia eröffnet. Zu den zehn Untertertianern des Sommerhalbjahres 1902 hatte sich zu Michaelis ein elfter gesellt. Alle elf wurden versetzt. Die neue Klasse zählte somit 11 Schüler. Die Untertertia hatte 21, die Quarta 31, die Quinta 35, die Sexta 34, die gesamte Hauptanstalt also 132 Schüler. In den drei Vorschulklassen saßen zusammen 78 Kinder, so dass die Gesamtschülerzahl 210 betrug.
Bei dem weiteren Anwachsen der Schule machte sich die Unzulänglichkeit der Räume von Jahr zu Jahr mehr geltend, das Fehlen einer eigenen Turnhalle und eines Zeichensaals, vor allem aber, von der Einrichtung der Obertertia ab, eines physikalisch – chemischen Lehrzimmers wurde immer mehr als ein großer Missstand empfunden. Die Gemeinde sah ein, dass sie sich ihrer Verpflichtung, ein neues Schulhaus zu bauen, nicht länger entziehen konnte. In der Sitzung vom 30. Oktober 1903 wurde daher beschlossen, die Ausführung dieses Planes ernstlich ins Auge zu fassen. Die Gemeinde besaß von dem Grund und Boden, auf dem jetzt [1925, d.A.1 die König – Friedrich – Schule steht, nur etwa die Hälfte, die andere Hälfte musste also für den Fall, dass dieser Platz gewählt würde, hinzugekauft werden, ebenso für einen etwaigen späteren Erweiterungsbau die Grundstücke nördlich von der jetzigen Umfassungsmauer. Nun wurden in den letzten Monaten des Jahres 1903 und den ersten des Jahres 1904 die Vorarbeiten so schnell gefördert, dass der generelle Bauplan bereits am 15. Februar 1904 fertig vorlag und der vorgesetzten Behörde unterbreitet werden konnte. Am B. März erteilte diese ihre Genehmigung. Die Bauarbeiten konnten daher im Juli desselben Jahres in Angriff genommen werden.
Mit 8 Schülern wurde Ostern 1904 die Untersekunda eröffnet, die sechs Klassen der Hauptanstalt hatten zusammen 154, die drei Vorschulklassen zusammen 84 Schüler, die ganze Anstalt zählte also 238 Knaben. Einzelne Klassen waren stark besetzt, in der Sexta saßen z. B. 46 Jungen, in der Quarta 34. Im Laufe des Schuljahres musste die große Revision stattfinden und, wenn diese glücklich verlief, die erste Schlussprüfung abgehalten werden. Das ganze Jahr stand also unter dem Zeichen emsigster Arbeit auf allen Klassenstufen, ganz besonders aber in der Untersekunda, der ja die ehrende Aufgabe zufiel, das Schülermaterial für die Prüfung zu stellen.
Auf Grund des Ausfalls der ersten Schlussprüfung wurde die Schule durch Ministerialverfügung vom 5.4.1905 als vollberechtigtes Realprogymnasium anerkannt. Inzwischen hatte der Neubau des Schulhauses gute Fortschritte gemacht. Die Außenmauern waren in die Höhe gewachsen, und das Dach war gedeckt. Die Innenarbeiten wurden im Laufe des Sommers fleißig gefördert. In der Tat fand am 6. Januar 1906 die Einweihung des Gebäudes statt, das im Inneren das Vorbild eines modernen Schulhauses und im Äußeren eine Zierde des Ortes geworden war. Die Schülerzahl überstieg Ostern 1907 das dritte Hundert. Die Besuchsziffern der unteren und der Vorschulklassen waren recht hohe. In Quinta saßen z. B. 47, in Vl. gar 56 Knaben.
Die folgenden Schuljahre brachten im Besonderen in den Kriegsjahren tiefgreifende Veränderungen in der Zusammensetzung des Lehrerkollegiums und damit in der Unterrichtsverteilung. So ist es interessant zu erwähnen, dass im Jahre 1916 Bruno Wille für kurze Zeit als Deutschlehrer an der „König – Friedrich – Schule“ gearbeitet hat.
Der Beginn des Schuljahres 1919/20 bedeutet in der Entwicklung der König – Friedrich – Schule einen Wendepunkt. Wie im politischen, so trat auch im Schulleben eine Beruhigung ein. Nach wenigen Wochen hatten sich die neuen Mitglieder in das Kollegium eingefügt, und es setzte nun eine Zeit planvoller, eifriger Arbeit ein, um wieder aufzubauen, was die Kriegsjahre vernichtet hatten. Es war ein schweres Werk, denn die Lücken im Wissen der Schüler und die Lockerung der Schulzucht waren erheblich. Wie konnte es bei dem häufigen Lehrerwechsel und der unzureichenden Zusammensetzung des Lehrerkollegiums auch anders sein! Aber der geordnete Unterrichtsbetrieb, der nun wieder Platz griff, brachte die Schule wieder vorwärts.